„Machtergreifung“? Das unsägliche Verhalten der CDU ist ein echter parlamentarischer Tiefpunkt (ApolloNews)

 

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Die CDU stört die konstituierende Sitzung des Thüringen Landtags, schießt gegen die AfD und beruft sich auf einen diffusen „Willen der Mehrheit“. Eine solche Anmaßung gepaart mit historisch-politischer Ignoranz hat dieses Land lange nicht erlebt, schreibt der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Philipp Lengsfeld.

Andreas Bühl (MGL, CDU)

Andreas Bühl: Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion spielte ein merkwürdiges Spiel.

Die Konstituierung eines gewählten Parlaments mit dem wichtigen Schritt einer Wahl des Parlamentspräsidenten aus seiner Mitte nach einer demokratischen Wahl ist eigentlich ein Routinevorgang, aber einer von hoher Symbolkraft und Wichtigkeit. So auch in Thüringen: Für Donnerstag, den 26. September um 12:00 Uhr mittags war zu dieser konstituierenden Sitzung von der Parlamentspräsidentin der letzten Wahlperiode eingeladen worden.

Gemäß Thüringer Verfassung und der Geschäftsordnung des Landtags war eigentlich alles klar: Der lebensälteste Abgeordnete eröffnet die Sitzung und leitet diese bis zur Übergabe an den frisch zu wählenden neuen Landtagspräsidenten, der gemäß geltender Geschäftsordnung von der stärksten Fraktion vorgeschlagen wird und in einer gültigen Wahl durch das Haus bestätigt werden muss.

Durch den Willen des Souveräns fielen beide Rollen an die AfD – MdL Jürgen Treutler, direkt gewählt im Wahlkreis Sonneberg I, ist mit Geburtsdatum März 1951 der lebensälteste gewählte MdL des 8. Thüringer Landtags. Wie allgemein bekannt, ist die AfD mit 32,8 Prozent die mit deutlichem Abstand stärkste Fraktion im Landtag – die zweitplatzierte CDU errang 23,6 Prozent der Stimmen. Warum beschreibe ich dies so ausführlich?

Weil sich in der konstituierenden Sitzung aus meiner Sicht ein echter Skandal ereignet hat, in dessen Zentrum gerade diese zweitplatzierte CDU und ihr parlamentarischer Geschäftsführer MdL Andreas Bühl stehen. Denn in Thüringen herrscht jetzt nicht nur Demokratie, sondern auch ein neu entdeckter „Mehrheitswille“. Die CDU mit Mario Voigt will den Ministerpräsidenten stellen, zusammen mit der SPD und dem frisch gegründeten BSW kommen sie auf 44 Sitze – keine absolute Mehrheit, aber immerhin nur einen Sitz entfernt.

Doch damit nicht genug, diese Mehrheit will noch mehr: Auch die Position des Landtagspräsidenten soll ihnen gehören. Mehrheit ist halt Mehrheit. Richtig pikant wird es aber dadurch, dass trotz wiederholten Mahnens von Seiten der Grünen, die in der letzten Wahlperiode ja im Parlament und in der Regierung waren, die CDU-Fraktion Thüringen die Änderungen der glasklaren Regelungen der Thüringer Landtagsgeschäftsordnung bezüglich des Vorschlagsrechts der stärksten Fraktion vor den Wahlen blockiert hatte. Selbst der MDR betitelte dieses Vorgehen als „extrem unklug“.

Text in Auszügen von ApolloNews (Autor Philipp Lengsfeld)

Quelle: Wikipedia

Philipp David Lengsfeld (* 21. März 1972 in Ost-Berlin) ist ein deutscher Politiker. Er war Mitglied der CDU und von 2013 bis 2017 Mitglied des Deutschen Bundestages. 2023 trat er aus der CDU aus. Zwischenzeitlich gehörte er auch der Werteunion an.

Lengsfeld wurde als Jugendlicher durch die Ossietzky-Affäre bekannt, als er wegen politischer Äußerungen 1988 zusammen mit Mitschülern von seiner Ost-Berliner Schule relegiert wurde. Seit 2017 positioniert er sich gegen die deutsche Klimaschutzpolitik und behauptet, der Klimawandel habe eher positive Auswirkungen. Die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens hält er für grundsätzlich unerreichbar.

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