Verwaltungsgericht Weimar – Gerichtszentrum Weimar – Jenaer Straße 2a – 99425 Weimar
Das Thüringer Verfassungsgericht hat am Freitagabend dem Antrag der CDU-Fraktion im Streit um den Landtagspräsidenten recht gegeben. Alterspräsident Jürgen Treutler wird nun gezwungen sein, eine Abstimmung über eine Änderung der Geschäftsordnung früher zuzulassen.
Nach übereinstimmenden Meldungen der lokalen Presse haben die Richter dem Eilantrag größtenteils stattgegeben. Das berichtet unter anderem die Thüringer Allgemeine unter Berufung auf „Parlamentskreise“. Das Gericht sei zu dem Schluss gekommen, dass es kein exklusives Vorschlagsrecht der stärksten Fraktion für das Amt des Landtagspräsidenten gibt. Es beruft sich dabei auf die Parlamentsautonomie. Damit dürfen auch andere Fraktionen – entgegen des Wortlauts der bisher geltenden und mit Gesetzesrang ausgestatteten Geschäftsordnung des thüringischen Landtags – bereits im ersten Wahlgang Kandidaten zur Wahl stellen.
Den Alterspräsidenten des Landtags Jürgen Treutler (AfD) verpflichten die Richter mit ihrer Entscheidung, in der konstituierenden Sitzung des neuen Landtags bereits vor der Wahl des Landtagspräsidenten die von CDU und BSW beantragte Neufassung der Geschäftsordnung zur Abstimmung zu stellen. Die Thüringer Allgemeine zitiert wie folgt aus der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs:
„Die Thüringer Verfassung trifft keine Regelung zur Reihenfolge der einzelnen Konstituierungsmaßnahmen. Sie gibt insbesondere nicht vor, dass die Wahl des Landtagspräsidenten noch vor dem Beschluss der Geschäftsordnung zu erfolgen hat.“
Die Abgeordneten hätten das „aus der verfassungsrechtlich gewährleisteten Parlaments- und Geschäftsautonomie“ abgeleitete Recht, auch in der konstituierenden Sitzung über die Tagesordnung zu bestimmen und dabei „sowohl die Gegenstände als auch die Reihenfolge der Tagesordnung“ festzulegen. Damit sei auch eine Debatte und Beschlussfassung über die Änderung der Geschäftsordnung bereits vor der Wahl des Landtagspräsidenten zulässig, so die Verfassungsrichter.
Vorläufige Auslegung des Gesetzestext aus dem Thüringer Verfassungsgericht im Original vom Freitagabend.
Kleine Anmerkung: Die Gerichtsentscheidung richtet sich gegen den Alterspräsidenten Jürgen Treutler. Steht so in der Entscheidung. Wenn jedoch heute morgen der Herr Treutler nicht mehr als Alterspräsident antreten mag und jemand anderes nachfolgt, gilt die Gerichtsentscheidung nicht für den Nachfolger. – Mal schaun was die höchst höhere Instanz dann dazu meint.
Noch einmal: Solange das Parlament nicht konstituiert ist, kann es keine materiellen Entscheide treffen – und das betrifft auch die Geschäftsordnung. Das Parlament ist nach der Geschäftsordnung erst konstitutiert, nachdem es den Präsidenten, die Stellvertretung und die Schriftführung gewählt hat. – Alles nur juristische Winkelzüge.
Heute morgen schreiben sie es alle, den Abgesang auf unsere Demokratie: „Im Thüringer Landtag wurde vor den Augen der verhöhnten Wähler gerade mal die Demokratie beerdigt, und das nur, weil die Mehrheit der Bürger sich für die „falsche” Partei entschieden hätte“.
Ich bin alt genug, um mich an den Slogan der 60er Jahre zu erinnern: Unter den „Talaren der Muff von tausend Jahren.“ – Gilt nach wie vor und auch weiterhin. 😉
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